Der Polit-Talk im ZDF vom 19. September 2024
Zu Gast am 19. September 2024
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Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament (SEDE), zuvor war sie Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag
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Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj
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Mitglied Auswärtiger Ausschuss im Bundestag
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von 2008 bis 2022 Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), heute Präsident des MSC-Stiftungsrats
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Experte für Sicherheitspolitik an der Universität der Bundeswehr in München
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Autorin, langjährige Moskau-Korrespondentin Deutschlandfunk
Inmitten intensiver Kämpfe in der Ukraine und auf russischem Boden rund um Kursk kündigt Präsident Wolodymyr Selenskyj plötzlich einen "Siegesplan" an. Nächste Woche will er ihn US-Präsident Joe Biden vorstellen. Dabei soll es um militärische, politische und diplomatische Strategien gehen, mit denen ein gerechter Frieden erreicht werden kann. Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich derweil wieder – gemeinsam mit Selenskyj – für eine Friedenskonferenz mit Russland ausgesprochen, sollte Putin seine Aggressionen einstellen.
Könnten Selenskyjs Plan und Scholz' diplomatische Bemühungen der Schlüssel zur Beendigung des Krieges sein? Wird Biden der Ukraine nun freie Hand lassen für den Einsatz von tief nach Russland reichenden Waffensystemen? Ist das die letzte Chance für die ukrainische Regierung, das Blatt noch zu wenden, bevor der nächste Winter kommt? Pochen auch einige Alliierte mittlerweile auf einen raschen Waffenstillstand? Wird die Unterstützung des Westens ohnehin spärlicher, weil die Kassen klammer und die politischen Gegner immer zahlreicher sind?
Bei Maybrit Illner diskutieren die Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusse, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak, Linkenpolitiker Gregor Gysi, der langjährige Diplomat Wolfgang Ischinger, Frank Sauer von der Bundeswehruniversität München und die Russlandexpertin Sabine Adler.
"maybrit illner" mit dem Thema "Ukraine will Sieg und Frieden - was will der Westen?" am Donnerstag, 19. September 2024 um 22:15 Uhr im ZDF.
Fakten-Box | 19. September 2024
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Bundeskanzler Olaf Scholz(SPD) hatte sich zuletzt für stärkere diplomatische Bemühungen um ein Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraineausgesprochen. Am Montag vermeldete er von einer Reise nach Kasachstan, dass Deutschland die Ukraine unterstütze, es aber gleichzeitig notwendig bleibe, "Möglichkeiten auszuloten, eine friedliche Entwicklung zu eröffnen".
Bereits im ZDF-Sommerinterview Anfang September sagte Scholz: „Ich glaube, das ist jetzt der Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen.“ Dabei geht es um eine mögliche Folgekonferenz für die erste Friedenskonferenz in der Schweiz Mitte Juni. Diese hatte mit Vertretern aus 93 Ländern stattgefunden, aber ohne Russland.
Schon nach dem Treffen in der Schweiz hatte Scholz sich dafür ausgesprochen, dass eine mögliche Folgekonferenz mit Russland stattfinden solle. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte daraufhin, Friedensgespräche könnten schon „morgen“ beginnen, wenn die russischen Truppen aus der Ukraine abzögen. Im Sommerinterview sagte Scholz außerdem über eine mögliche Folgekonferenz, er sei sich mit Selenskyj „einig, dass es auch eine sein muss mit Russland dabei.“
Auf die Nachfrage, was genau der Bundeskanzler mit „jetzt“ meinte in Bezug auf Bemühungen um Frieden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit: „Jetzt heißt natürlich: Wir sind in einem ständigen Austausch mit der Ukraine und auch mit der amerikanischen Seite, mit unseren europäischen Partnern.“ Einen Zeitpunkt könne die Bundesregierung nicht nennen, sagte Hebestreit. Das wäre „übereilt“.
Aus Kasachstan ließ Scholz am Montag auch verlauten: „Dabei ist für mich aber klar, dass das nicht funktioniert, so wie Russland das gegenwärtig alles vorantreibt, den Krieg vorantreibt, und unverändert mit großer Aggression die Ukraine angreift.“ Deutschland unterstütze die Ukraine, bekräftigte er.
Quellen: dpa, Reuters, AP, AFP
Bildquelle: dpa
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Russland hat in seinem seit mehr als zweieinhalb Jahren währenden Angriffskrieg inzwischen etwa ein Fünftel der benachbarten Ukraine besetzt und erhebt Ansprüche auf weitere Teile. So hat Putin im Herbst 2022 die Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja annektiert, obwohl das russische Militär die Regionen bis heute nur teilweise kontrolliert. Kiew fordert einen Abzug der russischen Streitkräfte auch von der schon 2014 annektierten Halbinsel Krim.
Anfang der Woche setzten russische Truppen im Osten der Ukraine ihre Sturmangriffe fort. „Schwerpunkt des Tages“ war die Umgebung von Kurachowe am Rande des Donbass, wie der ukrainische Generalstab am Montagabend in seinem Lagebericht mitteilte. Von den ukrainischen Verteidigern seien im Tagesverlauf insgesamt 26 russische Angriffe abgeschlagen worden.
Ähnlich schwere Gefechte wurden auch aus der Umgebung des seit Wochen umkämpften Pokrowsk gemeldet. Dort hätten russische Einheiten 24 Versuche unternommen, die ukrainischen Verteidigungslinien auszuhebeln. Auch diese Angriffe seien abgewehrt worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Quellen: dpa
Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
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Zweieinhalb Jahre nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs hatte die Ukraine Anfang August einen Überraschungsangriff auf die russische Grenzregion Kursk gestartet. Sie rückte nach eigenen Angaben mehrere hundert Kilometer weit vor und nahm viele russische Soldaten gefangen. Moskau zufolge waren aufgrund der ukrainischen Offensive rund 150.000 Zivilisten aus der Region in Sicherheit gebracht worden. Am Montag ordneten die Behörden die Evakuierung weiterer Dörfer an.
Die ukrainische Regierung gab an, sie wolle kein russisches Territorium annektieren – sondern Russland zur Verlegung von Truppen zwingen und die besetzten Gebiete bei Verhandlungen einsetzen. Dieses Kalkül ist nach Ansicht von Militärbeobachtern nicht vollständig aufgegangen: Die russische Militärführung hat zwar einige Einheiten aus der Ukraine zum Schutz von Kursk abgezogen, aber ihre Hauptangriffsachse dabei nicht geschwächt. In der westrussischen Region Kursk hat Russland nach übereinstimmenden Angaben beider Kriegsparteien eine Gegenoffensive zur Rückeroberung von der Ukraine kontrollierter Gebiete gestartet.Wolodymyr Selenskyj erklärte, die Gegenoffensive der russischen Armee entspreche „dem ukrainischen Plan“.
Die Ukraine greift weiter auch Ziele in russischen Gebieten an. Dafür setzt das Militär vorwiegend auf eigens hergestellte Drohnen. Aus ukrainischen Sicherheitskreisen heißt es, diese Woche sei bei einem Drohnenangriff auf die nordwestlich von Moskau gelegenen Region Twer ein Waffenlager getroffen worden. Russischen Berichten zufolge wurde seit Beginn des Krieges letzte Woche erstmals durch einen Drohnenangriff ein Mensch in der Region Moskau getötet.
Die Regierung in Kiew besteht darauf, dass sie die Menschenrechte respektiert, russische Zivilisten gut behandelt und keine Kriegsverbrechen begeht. Um das zu beweisen hat der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha am Montag die Vereinten Nationen (UNO) und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zur Überprüfung der Lage in die von der Ukraine besetzten russischen Gebiete eingeladen. „Die Ukraine ist bereit, ihre Achtung des humanitären Völkerrechts unter Beweis zu stellen“, erklärte Sybiha auf X.
Die UNO erklärte ihrerseits, sie sei bereit, die Lage in Kursk zu bewerten – allerdings nur mit Zustimmung Moskaus. „Wir werden die Genehmigung der Russischen Föderation benötigen", sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag. Kreml-Sprecher Peskow nannte die Einladung Kiews eine „Provokation“.
Quellen: dpa, Reuters, AP, AFP
Bildquelle: ZDF
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US-Präsident Joe Biden will seine verbleibende Amtszeit dafür nutzen, die Ukraine „in die bestmögliche Lage bringen, um sich durchzusetzen“, sagte der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, letzten Samstag. Letzten Endes müsse der Krieg zwischen Russland und der Ukraine durch Verhandlungen beendet werden, „und es ist wichtig, dass sie bei diesen Verhandlungen stark sind“, so Sullivan. Es liege dabei an der ukrainischen Regierung zu entscheiden, wann der Zeitpunkt für Gespräche zwischen Kiew und Moskau gekommen sei.
Im November wird in den USA gewählt: US-Präsident Joe Biden wird entweder durch Kamala Harris abgelöst, die weitere Unterstützung für die Ukraine angekündigt hat, oder durch Ex-Präsident Donald Trump, der sich gegen Hilfen für die Ukraine ausgesprochen hat.
Trump kündigte an den Ukraine-Krieg binnen „24 Stunden“ zu beenden, wenn er Präsident wird –ohne zu erklären, wie das gehen soll. Zugleich erzählt er, dass er mit Putin „großartig“ zurechtkomme.
Biden traf sich Ende letzter Woche mit dem britischen Premierminister Keir Starmer, um darüber zu beraten, ob dem ukrainischen Militär der Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland freigestellt werden sollte. Die Freigabe dafür wurde bisher nicht erteilt aus Sorge vor einer möglichen Eskalation. Die Entscheidung wurde vertagt: Es wurde darauf verwiesen, das Thema würde bei der UN-Generalversammlung in New York kommende Woche in „einer größeren Gruppe von Personen“ erörtert werden.
Die Führung in Kiew hatte wiederholt darauf gedrängt, Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen zu dürfen. Nach einem russischen Angriff auf ein Hochhaus in Charkiw sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft, es gebe nur eine Möglichkeit, diesen „Terror“ zu stoppen:Sein Land müsse in der Lage sein, Luftwaffenstützpunkte in Russland direkt anzugreifen.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte daraufhin gewarnt, eine solche Erlaubnis würde bedeuten, „dass NATO-Staaten, die USA, europäische Staaten im Krieg mit Russland sind“. Der russische UN-Botschafter WassiliNebensja verwies im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sogar auf Russlands Atomwaffen.
Washington gab sich unbeeindruckt: Eine Sprecherin des Weißen Hauses ließ verlauten, dies sei „die Art von Propaganda, die wir von Russland während dieses Krieges gehört haben“. Und Biden sagte am Rande des Treffens mit Starmer nur: „Ich denke nicht viel an Wladimir Putin.“
Quellen: dpa, Reuters, AP, AFP
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Mit „Victory-Plan“ ist der sogenannte „Siegesplan“ des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gemeint. Der Staatschef hatte vor kurzem angekündigt, dass er US-Präsident Joe Biden im September in Washington einen Siegesplan vorstellen wolle. Er sagte, dieser Plan könne Russland zum Ende des Krieges bewegen.
Nun gab Selenskyj den Abschluss des „Siegesplans“ bekannt. Der Plan soll Frieden in der Ukraine schaffen und das Land stärken, ohne „eingefrorene Konflikte“ zu hinterlassen, wie Selenskyj am Mittwoch in seiner abendlichen Videoansprache erklärte. „Heute können wir sagen, dass unser Siegesplan vollständig ausgearbeitet ist. Alle Punkte, alle Schlüsselbereiche und alle notwendigen Detailergänzungen des Plans sind definiert". Das Wichtigste sei nun der Wille zur Umsetzung.
Der ukrainische Staatschef wies auf die Notwendigkeit einer endgültigen Lösung des Konflikts hin: „Es gibt keine Alternative zum Frieden, kein Einfrieren des Krieges oder andere Manipulationen, die die russische Aggression nur in eine andere Phase verschieben würden.“ Konkrete Inhalte des Plans sind bislang nicht bekannt. Als Grundlage dient ein bereits Ende 2022 vorgestellter Friedensplan, der den Abzug aller russischen Truppen und die Wiederherstellung der ukrainischen Grenzen von 1991 fordert.
Quellen: dpa, Reuters, AP
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Die YES-Konferenz (Yalta European Strategy Konferenz) ist eine internationale Strategiekonferenz, die nach Angaben der Veranstalter im Jahr 2004 in der Stadt Jalta (Englisch: Yalta) ins Leben gerufen wurde. Das Ziel war nach Angaben der Veranstalter, über die Zukunft der Ukraine und der EU zu diskutieren. Nach der Annexion der Krim durch Russland wurde die Konferenz demnach nach Kiew verlegt. Aktuell steht der Krieg im Mittelpunkt der Treffen.
Bei der diesjährigen Konferenz in Kiew hatte der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, per Videoschalte unter anderem gesagt, US-Präsident Joe Biden wolle seine verbleibende Amtszeit dafür nutzen, der Ukraine eine möglichst gute Position im Konflikt mit Russland zu verschaffen. Der US-Präsident wolle die Ukraine in den kommenden vier Monaten „in die bestmögliche Lage bringen, um sich durchzusetzen.“
Letzten Endes müsse der Krieg zwischen Russland und der Ukraine durch Verhandlungen beendet werden, „und es ist wichtig, dass sie bei diesen Verhandlungen stark sind“, sagte Sullivan weiter. Es liege dabei an der ukrainischen Regierung zu entscheiden, wann der Zeitpunkt für Gespräche zwischen Kiew und Moskau gekommen sei.Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow zeigte sich bei Konferenz besorgt über die Unterstützung Nordkoreas für Moskau in dem Krieg. Pjöngjang liefere Moskau riesige Mengen Munition im Kampf gegen die Ukraine. Dies habe direkte Auswirkungen auf dem Schlachtfeld.
Quellen: AFP, YES-Konferenz
Bildquelle: dpa
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